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EIN BILD UND SEINE GESCHICHTE. Eine Aufnahme aus demArchiv, die viel über Porsche erzählt. Diese hier hat die Sekunde eingefroren, in der erstmals ein Porsche den Gesamtsieg bei den legendären 24 Stunden von Le Mans errungen hat. Der Triumph des 917 KH vor 50 Jahren bedeutete eine Zeitenwende für Porsche, denn spätestens hier verloren die Zuffenhausener ihren Status als Underdog. Was sie dafür gewannen: die Herzen der Motorsportwelt. Es ist Sonntag, der 14. Juni 1970, genau 16 Uhr. Der Geruch von Regen liegt noch in der Luft, aber für zwei Rennfahrer scheint in diesem Moment die Sonne heller als für alle anderen. Denn als sich die schwarz-weiß karierte Flagge für Hans Hermann und Richard Attwood im rot-weiß lackierten „Salzburg“ Porsche 917 KH mit der Startnummer 23 senkt, liegt die Konkurrenz – und für einen kurzen Moment auch der Rest der Welt mit all seinen Sorgen – in weiter Ferne. Es ist der letzte Renntag des legendären 24- Stunden-Rennens von Le Mans. Am Tag zuvor waren 7 Porsche 917 an die Startlinie gerollt – am Ende fuhren 2 von ihnen mit jeweils 580 PS und 800 Kilogramm Kampfgewicht auf das Siegertreppchen, gefolgt von einem Porsche 908 auf Platz 3. Und das bei einem Rennen, das in der heutigen Zeit wegen schwerer Regenfälle schon früh unter- oder abgebrochen worden wäre. Von den 11 Fahrzeugen, die Haupt- konkurrent Ferrari auf die Strecke geschickt hatte, waren die 4 schnellsten nach nur 3 Stun- den bei einer Massenkarambolage aus- geschieden. Am Ende des Rennens fuhren von 52 Startern nur noch 7 in der Wertung. Der Favorit kristallisierte sich nach 10 Stunden heraus: Attwood und Hermann hatten sich an die Spitze gekämpft – um dort dank Geschick, Ausdauer und Kämpferherz zu bleiben. „Bei diesem Regenrennen mussten wir ununter- brochen die Reifen wechseln. Nicht der Ver- schleiß hat uns dazu gezwungen, sondern die sich ständig ändernde Witterung“, erinnert sich Hermann. Attwood ergänzt: „Wir wollten bleiben, wo wir waren – an der Spitze. Noch 14 Stunden, nur ein kleiner Fehler – alles aus und vorbei! So ging es 70 Leuten in diesem Rennen. Es war irre.“ Als die beiden nach exakt 4.608,811 Kilometern bzw. 343 Runden mit 191 km/h über die Ziellinie donnern, ist nur eines lauter als der 12-Zylinder-­ Motor: der Jubel der Zuschauer auf der Tribüne – und vor den Fernsehgeräten weltweit. Bis heute meint man, das ferne Echo des Boliden von damals noch in Stuttgart zu hören. Denn an den ersten Gesamtsieg von Porsche in Le Mans erinnert man sich dort auch nach 50 Jahren so, als wäre es gestern gewesen. 10 FASZINATION

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